Lockdown – die Verbindung nicht verlieren
Auch wenn das WLAN-Zeichen des Laptops oder Smartphones „verbunden“ anzeigt, fühlen sich doch viele Schülerinnen und Schüler während der Pandemie irgendwie „getrennt“. Seit Wochen verbringen sie die Zeit zuhause und können weder Freunde aus der Klasse noch Lehrerinnen oder Lehrer treffen. Klar, wir sind alle mittlerweile ziemlich sozial ausgehungert. Doch einigen scheint es mehr zu schaffen zu machen als anderen. Einige werden mehr abgehängt als andere. Wie kann die Klasse während des Fernunterrichts in Verbindung bleiben?
Am Sonntagabend kommt die E-Mail der Lehrerin: Aufgaben für die nächste Woche. Das Angebot, bei Fragen eine E-Mail zu schreiben. Die gelösten Aufgaben bitte auf dem Server hochladen. Dann ist wieder Sonntag und es kommt die nächste Aufgaben-Mail und so weiter. So läuft es natürlich nicht an allen Schulen und nicht in allen Fächern – zum Glück! Denn es gibt viele Lehrkräfte, die sich Gedanken machen, um die Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu unterstützen. Neben dem ganzen Stress und Unsicherheit, die ausgehalten werden müssen.
Beziehungen: Voraussetzung für erfolgreiches Lernen
Manche Kinder zeigen im Distanzunterricht bessere Leistungen, weil weniger Ablenkung und mehr Selbstbestimmung möglich ist. Doch auf lange Sicht fehlen die sozialen Kontakte und das Vertrauen, einen Ansprechpartner für Probleme zu haben. Und für einen großen Teil der Schülerschaft (und natürlich ihre Eltern) ist das sogenannte „Homeschooling“ sowieso eine riesige Herausforderung.
Schon vor der Pandemie rückte die Erkenntnis, dass das Lehrer-Schüler-Verhältnis einen großen Einfluss auf den Lernerfolg hat, immer mehr ins Zentrum der Bildungsforschung. Beispielsweise haben Studien ergeben, dass individuelles Feedback und eine vertrauensvolle Atmosphäre wichtige Erfolgsfaktoren für einen guten Unterricht sind (Quelle). So sagt auch Bildungsforscher Prof. Klaus Zierer: „Bildung ist im Kern Beziehung und es wäre auf längere Sicht fatal, diese Gedanken zu ignorieren oder digital ersetzen zu wollen.“ (Quelle).
Doch momentan geht es halt nur digital.
Die gute Nachricht: Beziehungen innerhalb der Klasse und das Lehrer-Schüler-Verhältnis können mit einigen Methoden trotz räumlicher Distanz verbessert werden! Dabei ist klar, dass es nicht unbedingt vorher erprobt wurde. Für alle ist diese Situation neu. Es geht ums Ausprobieren und im Kontakt bleiben!
Digital in Verbindung bleiben
Schülerinnen und Schüler können auch während der Zeit im Homeschooling persönlich erreicht werden, wenn es eine klare Kommunikation, verlässliche Rahmenbedingungen und Rituale gibt. Zum Beispiel wird an der Hardtschule Durmersheim das persönliche Coaching, welches schon vor der Pandemie etabliert war, während des Lockdowns per Videokonferenz fortgesetzt. So hat jeder einen festen Ansprechpartner für Sorgen, Ängste und Probleme. Außerdem wird der Unterrichtstag mit einem verbindlichen „Morgenmeeting“ in der Klasse gestartet und mit einem „Abschlussmeeting“ – beides per Videokonferenz – beendet. Das gibt Struktur im Homeschooling-Alltag und ermöglicht regelmäßigen Austausch untereinander (Quelle).
Als freiwilliges Zusatzangebot gibt es regelmäßige „Challenges“: besondere Aufgaben, die zuhause erfüllt werden und deren Ergebnisse dann mit der Klasse geteilt werden können. Das macht Spaß, ermöglicht Erfahrungslernen und stärkt das Miteinander. Anregungen für Aufgaben im Themenfeld Klima geben wir in unserem Blogbeitrag „Nachhaltigkeits-Challenge für zuhause“.
Tipps für die Grundschule
Um das Gemeinschaftsgefühl der Grundschulklasse auch während der Zeit im Fernunterricht zu stärken, gibt es viele Möglichkeiten. Hier ein paar Anregungen:
- „Postcrossing“: Die Mitschüler schreiben sich untereinander Karten oder Briefe. Das Los entscheidet, wer an wen schreibt. Die Briefe können digital verschickt werden oder nach alter Tradition per Post.
- Rätsel-Action: Die Klasse stellt sich gegenseitig Rätsel oder spielt „Teekässelchen“. Natürlich sollten auch Lehrkräfte einige Aufgaben abbekommen!
- Forscher spielen: Auch zuhause lässt sich die Welt wunderbar anhand von Experimenten erkunden. Das Internet bietet einen riesigen Fundus an Ideen für einfache, spannende und ungefährliche Experimente, z.B. bei der Helmholtz-Gemeinschaft oder bei Geolino. Wenn die ganze Klasse das gleiche Experiment macht, können sich zwischendurch alle über das Erlebte austauschen.
- Trickfilm drehen: Mit dem Tool „TrickKino“ lässt sich im Handumdrehen ein kleines Video erstellen. Da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Entweder die Klasse macht ein gemeinsames Video oder bei einem virtuellen „Kinonachmittag“ zeigt jeder sein Werk.
- Weitere Ideen gibt es in der Methodensammlung der Wübben Stiftung
Ideen für weiterführende Schulen
Auch für die weiterführenden Schulen haben wir einige Ideen zusammengetragen, damit die Klasse oder Lerngruppe untereinander und auch mit den Lehrkräften in Kontakt bleiben kann. Gemeinsam Spaß haben und nebenbei etwas lernen ist schließlich das Beste:
- Digitaler Brettspiele-Nachmittag: Viele bekannte Gesellschaftsspiele lassen sich auch online spielen (manche kostenlos, mache für kleines Geld). Eine größere Gruppe teilt sich am besten auf und tauscht zwischendurch. Damit sich alle während der Partie unterhalten können, ist ein Videochat mit Break-Out-Rooms sinnvoll. Boardgamearena bietet einige Spiele, Skribbl.io (Montagsmaler) sorgt für Spaß und auch Werwolf kann per Gruppenchat gespielt werden!
- Virtueller Museumsbesuch: Die Museen haben eigentlich während des Lockdowns geschlossen, aber dank Internet lassen sich einige von Ihnen trotzdem besuchen. Die Themen sind vielfältig und niemand muss Schlange stehen! Wenn eine Person im Videochat den Bildschirm während des Rundgangs „teilt“, kann das Museum gemeinsam erlebt werden. Google Arts & Culture schlägt einige Museen vor, z.B. das Deutsche Museum in München.
- UNESCO Welterbe vom Sofa besichtigen: Ob Wattenmeer oder die Bamberger Altstadt – anlässlich des Welterbetags 2020 wurden für viele deutsche Welterbestätten digitale Rundgänge erstellt und können jederzeit aus dem gemütlichen Wohnzimmer besichtigt werden. Danach lässt sich im Videochat bei einer Tasse Tee über das Erlebte plaudern!
- Homeschooling Charts: Welche Lieder hat die Klasse in der letzten Woche besonders gern gehört? Jeder benennt seine drei aktuellen Lieblingssongs und die Meistgenannten gelangen in die Klassen-Chartliste. Das kann eine Playlist bei Youtube sein oder einzelne Lieder werden täglich als Link an alle verschickt.
- Der Alltag in Bildern: Die Pandemie ist eine besondere Zeit. Schülerinnen und Schüler können ihren neuen Alltag in einem Video darstellen und zeigen, was sie bewegt. Ein Smartphone oder einen Fotoapparat mit Videofunktion hat sicherlich jeder zuhause. In einem Tutorial gibt der Bayerische Rundfunk Tipps, wie so ein Video gelingen kann.
- Welcome Back Party: Gemeinsam plant die Klasse eine Party oder Veranstaltung für die Zeit nach dem Lockdown (wenn auch persönliche Treffen wieder möglich sind). Für die verschiedenen Aufgaben wie z.B. Einladungskarten schreiben, Dekoration, Programm, Verpflegung werden Arbeitsgruppen gebildet. So steigt die Vorfreude auf „die Zeit danach“!
Viele dieser Ideen sowie weitere Anregungen sind in der hilfreichen Methodensammlung der Wübben Stiftung zu finden und werden dort noch ausführlicher beschrieben.
Die Wübben Stiftung setzt sich für faire Bildungschancen ein. Unabhängig von der sozialen Herkunft.
Schulprojekte online und offline
Für ein gestärktes Miteinander in der Klasse sind gemeinsame Projekte das beste Rezept! Sie schweißen zusammen und ermöglichen Selbstwirksamkeitserfahrungen. Doch wie soll das funktionieren, wenn alle zuhause bleiben müssen? Da ist tatsächlich Kreativität gefragt!
Ein Video oder ein Podcast kann zum Beispiel aus einzelnen Dateien zusammengefügt, die jeder zuhause aufnimmt. Eine Umweltaktion kann gestartet werden, indem jeder in seiner Nachbarschaft den Müll im Park oder am Straßenrand einsammelt (dort, wo die Straßenreinigung nicht hinkommt). Und ein Corona-Sponsorenlauf kann stattfinden, wenn jeder alleine oder mit Abstand läuft und per App die Streckenlänge misst.
Gratis E-Book
Weitere Projektideen für zuhause oder mit entsprechendem Abstand gibt es in unserem kostenlosen E-Book „Corona – Praxisprojekte gehen trotzdem“.
Übrigens...
…all diese Ideen setzen natürlich voraus, dass Zugriff auf ein internetfähiges Gerät – am besten größer als ein Smartphone – besteht. Das ist leider nicht überall der Fall. Wenn eure Schule kostenlos gebrauchte Hardware von Unternehmen als Spende erhalten möchte, bitte hier entlang: www.das-macht-schule.net/hardware-auswahl
Esther Hillmer
Teamleitung Schulkontakt
Verantwortlich für den Kontakt zu Schulen bei Das macht Schule. Ihre Mission: Hilfe zur Selbsthilfe geben und Lehrkräften helfen, coole Praxisprojekte erfolgreich umzusetzen.