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Anregung: Digitaler Leitfaden

Margret Rasfeld

 

Ende August war Margret Rasfeld, Mitbegründerin von „Schule im Aufbruch“ zu Besuch bei Das macht Schule. Wir hatten ein tolles Gespräch über gemeinsame Synergien und Perspektiven, um Lernkultur und Projektformate an Schulen positiv, konstruktiv und ermutigend voran zu bringen – für eine Entwicklung zu mehr Potenzialentfaltung. Ein Gedanke, der sich ohne digitalte Technik nicht mehr denken lässt. Aber wie geht das mit Medienkompetenz und Technikverständnis zusammen? Wir haben uns einmal den digitalen Leitfaden der Evangelische Schule Berlin Zentrum (ESBZ), die von Margret Rasfeld aufgebaut wurde, angesehen und geben hier einen Einblick.

 

Die ESBZ versteht sich als als Lebens- und Erfahrungsraum in der Verantwortungsgemeinschaft von Kindern und Jugendlichen, ihren Eltern, den Pädagoginnen und Pädagogen und den Partnern der Schule.  Aufgaben und Rollen von Lehrkräften entwickeln sich weiter. Schule soll junge Menschen empowern, eine andere Art von Gesellschaft aufzubauen.

 

„Früher waren LehrerInnen Wissensvermittler, heute macht das Wikipedia.“ (Margret Rasfeld)

„Wir müssen uns darüber im Klaren sein,“ sagt Margret Rasfeld, „dass die Schule etwas mit uns macht, das sehr viel stärker wirkt, als die ganze Wissensvermittlung. Ich nenne das den heimlichen Lehrplan.“ So heißt es dann auch im digitalen Leitfaden der ESBZ: „Der bewusste Umgang mit der digitalen Welt wird insbesondere für die heranwachsende Generation eine große Bedeutung haben. Deshalb ist es so wichtig, die Kultur von Teilhabe und Potenzialentfaltung mit und nicht getrennt von der digitalen Welt zu denken.“

 

In einem Interview mit Susanne Pitro fordert Margret Rasfeld einen „Systemwechsel“. Wir wollen, bevor wir auf das Digitale eingehen, hier zunächst mit einigen Statements aus dem Interview  ein besseres Verstehen der „digitalen Haltung“ in dem Leitfaden ermöglichen.

Beim Thema Partizipation und Potenzialentfaltung geht es um die gelebte Kultur der Schule, es geht darum, Kindern zuzutrauen, dass sie selbstorganisiert lernen können oder sie Blättchen abarbeiten zu lassen. Es geht um den Potentialblick oder den Defizitblick, um Mut oder Angst. Schule erzeugt bei Menschen bis heute Fehlerangst, und die müssen wir loslassen, wenn wir unsere Gesellschaft verändern wollen. Schule ist dazu da, das Gelingen zu organisieren, und nicht das Misslingen zu dokumentieren.

 

„Wir müssen diesen jungen Menschen beibringen, keine Angst vor Veränderung, vor Ungewissheit und Neuem zu haben, sondern die Veränderung mit Freude mitgestalten zu wollen. Die positive Persönlichkeitsentwicklung ist deshalb in der Schule genauso wichtig wie das Fach.“ (Margret Rasfeld)

Deshalb müssen wir eine Vertrauenskultur an Schulen schaffen, statt einer Kontrollkultur. Deshalb brauche es Beziehungen zwischen Lehrenden und Schülern. Dennoch hört man immer noch tausend Gründe, warum das nicht möglich ist. Alles selbstgemacht, sagt Rasfeld. All diese „kann ich nicht“ und „darf ich nicht“, das sind vielfach Ausreden, denn natürlich ist jeder Lehrende völlig frei, seinen Unterricht zu gestalten. Doch Lehrkräfte nehmen das selbst eben anders wahr, weil da „innerpsychische“ Dinge ablaufen. Letztendlich geht es dabei um die Angst vor der Freiheit. – Was für ein herrlicher Satz.

 

Auch die digitale Welt macht vielen Angst. Kinder haben unzählige Apps auf ihren Smartphones und sind den Erwachsenen oft mehr als eine Nasenlänge voraus. Aber sie brauchen unsere Unterstützung, wenn sie sich in der digitalen Welt auch verantwortungsvoll, respektvoll, hilfsbereit und menschlich bewegen sollen und nicht blind dem Mainstream folgen. Also brauchen wir Mut, müssen selbst Neues ausprobieren, experimentieren, erleben, hinterfragen, auch wenn das unbequem erscheint und wir glauben, die Kinder seien uns voraus. Ohne diesen Mut können wir der pädagogischen Aufgabe nicht gerecht werden. Dabei hilft, sich als Partner, als Lernbegleiter, und nicht als Pauker zu verstehen.

 

„Smartphones sind Hochleistungscomputer für die Hosentasche, sie verbinden uns mit der ganzen Welt.“ (Aus dem digitalen Leitfaden der ESBZ)

Dafür ist es wichtig, dass sich eine Schulgemeinschaft der neuen Verantwortung bewusst wird und hierfür auch die notwendigen Kompetenzen im Umgang mit der digitalen Welt vermittelt. Dabei sollte sie die Weisheit der Vielen nutzen, d.h. die ganze Schulgemeinschaft wird sich der neuen Verantwortung bewusst und unterstützt sich gegenseitig dabei, die Möglichkeiten, Potenziale und Risiken zu erkennen und die Mechanismen zu verstehen. Dabei sucht sie immer nach Möglichkeiten, sich als Schulgemeinschaft fit zu machen und Veränderungen zu gestalten. Nur so kann sie sich mündig und kritisch in der digitalen Welt bewegen und Verantwortung für sich und andere übernehmen. Und nur so ist seine demokratische Bildung möglich, die individuelle Entscheidungsfreiheit über das eigene Lernen und Leben ermöglicht – heißt es im digitalen Leitfaden der ESBZ.

 

„Digitale Medien schaffen Räume, um sich zu mischen, sich gegenseitig zu beeinflussen, neue Herangehensweisen zu erfinden und steigern das kreative Niveau.“ (Digitaler Leitfaden ESBZ)

Wir erleben aber auch, wie kriminelle, populistische oder andere Gruppen jenseits des Rechtsstaates die sogenannten neuen Medien gezielt wie die Flöte des Rattenfänger einsetzen und gezielt Informationen manipulieren. Damit aus alldem nicht ein Albtraum wird, ist es wichtig, dass wir jetzt den sicheren Umgang mit diesen unerschöpflichen Möglichkeiten lernen, um eine lebenswerte Zukunft mit zu gestalten.

 

„Eine neue digitale und erheblich aufgeschlossenere Wissenskultur ermöglicht ganz neue Formen des inklusiven und individualisierten Lernens.“ (Digitaler Leitfaden ESBZ)

Wenn wir wissen, wie Wissen produziert, übertragen, validiert und verbreitet wird, entwickeln wir uns von unserer natürlichen Forschungslust hin zu Experten und Expertinnen des kreativen und kritischen Denkens. D.h., wenn wir unsere Achtsamkeit und Kritikfähigkeit schulen, unseren gesunden Menschenverstand einsetzen, fallen wir auch nicht so leicht auf populistische Rhetorik herein und sind besser in der Lage, Sinn von Unsinn zu unterscheiden.

 

Kompetenz in der Nutzung von Medien und Werkzeugen ist schon heute in vielen Bereichen enorm wichtig. Längst ist der Begriff „Neue Medien“ überholt. Das was wir heute noch so bezeichnen, ist längst zu einer Kulturtechnik geworden, die zu dem Alltagswissen gehören sollte wie etwa das Wechseln einer Kugelschreibermine. Auch sollten wir vermitteln, dass Technik aus Rohstoffen besteht, woher diese stammen und wie sie gewonnen werden und unter welchen oft menschenunwürdigen Bedingungen all diese Produkte hergestellt werden.

 

„Nur wer die Hintergründe versteht, kann verantwortungsvoll mit moderner Technik umgehen.“ (Digitaler Leitfaden ESBZ)

Es lohnt sich, mal einen Blick auf den digitalen Leitfaden der ESBZ zu werfen. Wir finden, das kann Schule machen.

 

Wir würden uns freuen, wenn uns andere Schulen den Link zu ihrem digitalen Leitfaden schicken (kontakt@das-macht-schule.net), damit wir dies als Linksammlung veröffentlichen und anderen Schulen zur Verfügung stellen können. Gute Beispiele können sehr hilfreich sein, die eigene digitale Identität der Schule in einem Leitfaden zu formulieren.

 

Wir wissen auch, dass an vielen Schulen Hardware fehlt, und damit die Grundlage, um sich mit dem Thema IT-und Medienbildung im Alltag konstruktiv auseinanderzusetzen. Wir helfen mit kostenloser gebrauchter Hardware, die Unternehmen spenden. Jede Schule kann sich einfach bewerben und dann die Geräte selbst beim Unternehmen abholen. Auf diese Weise konnten bereits über 10.000 Geräte im Gegenwert von über 3 Millionen Euro an Schulen vermittelt werden. Wir freuen uns über jedes Projekt, das der digitalen Bildung dient und möchten Schulen herzlich dazu einladen, ihre Projektstorys auf unserer Seite zu teilen, damit sie Schule machen können.

 

Margret Rasfeld war Lehrerin und langjährige Schulleiterin, zuletzt der Evangelischen Schule Berlin Zentrum. 2012 hat sie mit Stephan Breidenbach und Gerald Hüther die Initiative „Schule im Aufbruch“ gegründet, um eine Bewegung für eine Schultransformation zu initiieren und zu unterstützen. Seit September 2017 ist sie im aktiven Ruhestand und weiterhin unermüdlich treibende Kraft von „Schule im Aufbruch und dem Global Goals Curriculum 2030.


Inhalte dieses Beitrags stammen aus dem digitalen Leitfaden der ESBZ und einem Gespräch, das Susanne Pitro von Salto mit Margret Rasfeld am 23. April 2018 geführt hat. Das ganze Gepräch kannst du hier lesen.


 

Gratis Hardware für Schulen

An vielen Schulen fehlt Hardware. Um trotzdem digitale Kompetenzen zu fördern, spenden Unternehmen Hardware. Das ermöglicht Schülern Teilhabe am Ausbau der IT und praktische Erfahrungen zu sammeln. Bei Das macht Schule kannst du Projekte zur digitalen Bildung teilen oder für gratis Hardware bewerben.

 

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